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Criminale – oder: Wie blutig ist die Nordeifel?

BlutkrustenFür jemanden wie mich, für den die Idee des Tagebuchschreibens immer eher ein Hindernis im freien Fluß der Kreativität darstellte, bedeutet es doch eine gewisse Selbstdisziplin einen Blog am Leben zu erhalten. Also bin ich jetzt einmal ordentlich und erledige nach vielen bloglosen Wochen selbstauferlegte Pflichten.

Nicht, daß es nichts zu berichten gegeben hätte. Ganz im Gegenteil: Der Januar, hier in der Eifel voller Schnee und Sturm, sah mich durch die Orte reisen und Lesungen halten. Einige davon zusammen mit den wunderbaren Kollegen Carola Claßen und Erika Kroell, bei denen wir dermaßen viel Spaß hatten, daß wir schon überlegten, als feste Combo auf Tournee zu gehen, einfach weil es so schön war. Dem Publikum gefiel die wilde Mischung auch bestens, und so waren alle rundum zufrieden.

Die regelmäßige Aufrischung der “Blutkrusten” fiel dagegen der Entstehung meines zweiten Eifelkrimi zum Opfer, der inzwischen richtiggehend von mir Besitz ergriffen hat. Das Personal bevölkert meinen Alltag, mein Denken und auch mein Schreiben. Dies ist eigentlich einer der schönsten Teile des Schriftstellerdaseins: Am Schreibtisch den Fingern freien Lauf zu lassen, während die Gedanken mehr oder weniger ungefiltert dem Unterbewußten entströmen. Es hat etwas Spirituelles, diesem Fluß der Gedanken zuzusehen, die an einem vorbei auf dem Bildschirm erscheinen, aus dem Nichts. Ja, wo kommen sie eigentlich her, diese ganzen Worte, die Sätze, die Gedanken? Bei einigen der Kollegen weiß man es inzwischen glücklicherweise, und man bemüht sich ja auch sehr, das Abschreiben als Kunstform an sich zu etablieren – etwas, daß mir in meiner Schulzeit leider nie gelungen ist. Ich stelle dagegen fest, daß es für mich persönlich weniger anstrengend ist, die Dinge selber zu formulieren, als sie bei anderen zu kopieren. Haben wir dann eigentlich noch den selben Beruf? Oder vielleicht nur den gleichen?

Aber wie auch immer, die Criminale wirft ihre Schatten voraus. Für alle, die damit nichts anfangen können, sei hinzugefügt, daß es sich um das alljährliche Krimifestival des “Syndikats” handelt, quasi das Grillfest des Krimiautorenverbandes. Dieses Jahr haben wir in der Nordeifel das Vergnügen Gastgeber zu sein, was für mich Reisemuffel den Vorteil hat, vor der Haustür in den Genuß zu kommen, die ganzen Damen und Herren Kollegen begrüßen zu können. Abgesehen davon, daß man sich einfach schon so freut, hat man sich auch noch ausgedacht, daß eine Anthologie zu diesem Anlaß erscheint, bei dem man mich gebeten hat, eine Kurzgeschichte über Weilerswist zu schreiben. Wer nicht weiß, wo Weilerswist liegt, sich aber schon mal, wie meine Wenigkeit, am Autobahnkreuz Bliesheim dergestalt verfahren hat, daß er auf einmal in einem kleinen Ort zu stehen kam – das genau war Weilerswist. Und ist es auch noch heute, auch wenn die in die Irre führende Ausfahrt inzwischen verlegt ist, und selbst dann führte sie ja nur in die Irre, wenn man nicht nach Weilerswist wollte, wovon man nun auch nicht immer ausgehen kann.

Weilerswist selber ist, wenn man von der den Ort wie eine donnernde Demarkationslinie teilenden Straße einmal absieht und dann noch die omnipräsenten Gewerbegebiete ignoriert, reizend, nett und lauschig. Den Städteplanern ist es mit einem Einkaufszentrum auf der grünen Wiese gelungen, den örtlichen Geschäften den Todesstoß zu versetzen und das Zentrum in ein Mekka verhangener Schaufensterscheiben zu verwandeln, aber abseits des zwischen den staubigen Häusern hindurchbrausenden Verkehrs steht man in einem charmanten Vorgebirgsstädtchen. Wußten Sie, daß Weilerswist zwei Dudelsackvereine hat? Die meisten Orte, die ich kenne, haben noch nicht einmal einen. Weilerswist aber gleich zwei, und wenn das nicht eine Reise wert ist, dann weiß ich’s auch nicht, jetzt wissen Sie ja, wie Sie hinkommen, auch wenn die einfache Version mit dem sich verfahren nicht mehr funktioniert – siehe oben. Und wie es dann dort weitergeht, davon demnächst mehr hier an dieser Stelle.